Der Feldhase und andere Wahrheiten
David Dürr - eigentümlich frei November 2019
Die Wiener Albertina zeigt jetzt wieder den berühmten Feldhasen, den Albrecht Dürer 1502 gemalt hat. Aber nur für kurze Zeit, dann verschwindet das Aquarell wieder in den dunklen Keller. Das Licht tue ihm nicht gut, heisst es, es könnte mit der Zeit verblassen. Ich habe allerdings meine Zweifel, ob das der wahre Grund ist. Liegt der wahre Grund nicht in der Wahrheit des Bildes? Das Besondere, ja das Spektakuläre des Bildes ist ja nicht, dass es so alt, sondern dass es so wahr ist; dass es der geniale Aufklärer Dürer gewagt hat, die Welt nicht so zu malen, wie sie einem vorgegeben wird, sondern wie sie ist; dass Dürer die Welt mit einer so einzigartiger Vorurteilslosigkeit betrachtet und festgehalten hat – sagen die Kunstkenner.
Und eben diese Vorurteilslosigkeit gegenüber der Wahrheit – so meine Vermutung – ist der wahre Grund, weshalb man den Feldhasen wieder so rasch verschwinden lässt. Sonst könnten die Leute mit der Zeit ja vom Dürer’sche Wahrheitsblick angesteckt werden und die Welt plötzlich so betrachten, wie sie ist und nicht wie man sie ihnen vorgaukelt.
Dann würden sie plötzlich feststellen, dass das, was man ihnen als Demokratie oder «Volks-Herrschaft» vorführt, das Gegenteil davon ist, nämlich die Beherrschung des Volks durch eine winzig kleine Obrigkeit. Sie würden sich, durch die Dürer’sche Brille plötzlich nicht mehr als den stolzen Souverän, sondern als jämmerliche Untertanen erkennen.
Dann würden sie plötzlich feststellen, dass die ihnen als edler Akt der Solidarität geschilderten Steuern etwas ganz anderes sind, nämlich schlicht Diebstahl durch eine arrogante Gang von Raubrittern mit dem Zweck, die eigenen Taschen zu stopfen und den Ausgeraubten klar zu machen, dass Widerstand zwecklos ist.
Dann würden die Leute plötzlich feststellen, dass das, was man ihnen als «Rechtsstaat» anpreist, in Wirklichkeit institutionalisiertes Unrecht ist; dass das «Recht», nach dem sich der Staat angeblich richtet, von ihm selbst erlassen wird und nichts anderes bezweckt, als sich selbst Privilegien zuzuschanzen wie etwa das erwähnte Besteuerungsrecht; und dass, wenn man sich vor Gericht dagegen wehren will, es der Staat selbst ist, der die Richter bezahlt.
Dann würden die Leute plötzlich feststellen, dass der zur Zeit weltweit debattierte Klimawandel nicht etwa ein Problem, sondern eine ziemlich triviale Tatsache ist, vergleichbar damit, dass sich die Erde um die Sonne dreht; dass aber die Debatte selbst und die dazu geschürte Aufregung den einzigen Zweck verfolgt, staatliche Bürokratien auszubauen, deren Macht zu stärken und den Untertanen das Gefühl zu vermitteln, dass sie schutzbedürftig seien.
Dann würden sie plötzlich feststellen, dass das von den Staaten monopolisierte sogenannte «Geld» gar nicht Geld, sondern nichts ist, dass es als verlässliches Zahlungs- und Werterhaltungsmittel früher oder später zusammenbricht, wobei die Staaten und ihre Hofschranzen bis dahin noch kräftig damit einkaufen.
Dann würden die Leute plötzlich feststellen, dass Kriege, Flüchtlingsströme, Elend und Armut ganz offensichtlich damit zusammenhängen, dass alle Länder dieser Welt von Staaten regiert werden, diese also offensichtlich das Problem sind.
Nein, diese Wahrheit, diese Dürer’sche Vorteilslosigkeit darf nicht sein. Rasch in den dunkeln Keller mit dem Feldhasen!
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