Wenn Diebe bestohlen werden

David Dürr – eigentümlich frei August/September 2019


Wenn Diebe bestohlen werden, reagieren sie besonders gereizt. Man kann dies derzeit beim angeblichen Skandal um die sogenannten Cum-Ex-Geschäfte beobachten, die zwar schon seit Jahren liquidiert sind, aber den Staat nicht immer empören. Überaus gereizt veranstaltet er mit seinem hochgerüsteten Strafverfolgungsapparat für Wirtschaftsdelikte eine regelrechte Hetzjagd auf Investoren, Finanzberater und Wirtschaftsanwälte, die ihn, den Staat, mit den Cum-Ex-Finanzprodukten angeblich bestohlen haben. Neustens sind nun auch höchste Vorstände von Banken in Untersuchungen einbezogen worden mit dem Vorwurf, sie hätten bei diesen Diebstählen zu Lasten des Staates feige weg-, wenn nicht gar billigend hingeschaut. 

Das also sagt der Steuerstaat, der selbst ja nichts anderes als ein gigantisch und systematisch organisiertes landesweites Diebstahlsystem ist. Denn Steuern sind ganz unverblümt „voraussetzungslos“ geschuldet, also unabhängig davon, ob man eine Leistung dafür bezogen oder sonst wie sich dazu verpflichtet hat. Der einzige „Grund“ der Steuer, ist, dass das betreffende Einkommen oder Vermögen oder der betreffende Warenumsatz da ist. Wer hat, dem wird genommen. Das ist nichts anderes als Diebstahl.

Doch was ist beziehungsweise war nun ein Cum-Ex-Geschäft? Bei diesem Finanzprodukt wurden Aktien mit (=lateinisch cum) Aussicht auf baldige Dividende verkauft und nach der Ausschüttung bzw. ohne (= lateinisch ex) Dividende entsprechend günstiger weiter- und schliesslich indirekt wieder zurückverkauft. Zumal ein (allfälliger) Börsengewinn aus einem Aktienverkauf anders besteuert wird als die auf Aktien ausbezahlten Dividenden, ergaben sich aus diesen Transaktionsabfolgen steuerliche Optimierungsmöglichkeiten, die als solche völlig legal waren. So weit, so tröstlich.

Nun gibt es bei der Dividendenbesteuerung (anderes als beim Börsengewinn) eine administrative Besonderheit. Der Staat begnügt sich nämlich nicht damit, dem Aktionär einen Teil seiner Dividende unter dem Titel „Kapitalertragssteuer“ wegzustehlen, sondern er sichert sich seine Beute schon bei der ausschüttenden Aktiengesellschaft, indem er diese zwingt, einen Teil der Dividende unter dem Titel „Quellensteuer“ gleich direkt an ihn abzuführen. Unverblümt und zynisch wie er ist, stellt er dafür eine „Steuergutschrift“ aus, die der Aktionär unter gewissen Voraussetzungen einlösen darf, etwa wenn er später seine eigene Steuer auf der Dividende abliefert. Es wird dann sozusagen altes Diebesgut im Austausch gegen neues Diebesgut zurückerstattet.

Bezogen auf die Cum-Ex-Geschäfte führte dies schon bald zum Verdacht, dass im Rahmen dieser kurzfristig um die Dividendenfälligkeit herum abgewickelten Transaktionen unklar werden könnte, wem die jeweilige Steuerbescheinigung zustehe, ja dass es sogar passieren könnte, dass für einen kurzen Moment zwei Personen als Aktionäre auftreten, damit die Steuerbescheinigung für die gleiche Dividende doppelt ausgestellt und später unter gewissen Voraussetzungen gar doppelt eingelöst würde. Dass dies je geschah, wurde zwar noch nie bewiesen. Aber es hätte ja sein können! Und das würde dann bedeuten, dass der institutionalisierte Grossdieb vereinzelt kleineres Diebesgut zurückerstattet hätte, ohne im Austausch neues Diebesgut entgegenzunehmen. – Kein Wunder, reagiert der gereizt!


Zurück zu den Medien