Der Weg aus der Knechtschaft

David Dürr - eigentümlich frei Januar 2021

Neulich kam mir wieder das bekannte Buch «Der Weg zur Knechtschaft» von Friedrich August von Hayek in die Hand. Anlass war ein Diskussionsabend über den in diesem Pandemie-Jahr grassierenden Freiheitsverlust. Da stand die Frage im Raum, ob die von Hayek beschworene Gefahr nicht auf dem besten Weg sei, sich zu realisieren, ob wir nicht flott auf dem Weg zur Knechtschaft seien. Und da drängte sich die Antwort auf: Nein, wir sind nicht auf dem Weg zur Knechtschaft. Wir haben diesen Weg bereits hinter uns. Wir sind in der Knechtschaft angekommen. Es geht schon längst nicht mehr darum, den Weg zur Knechtschaft zu vermeiden, sondern den Weg aus der Knechtschaft zu finden und – was noch viel schwerer ist – ihn anzutreten. 

Als Hayek 1944 in London «The Road to Serfdom” schrieb, lag der Zusammenbruch der faschistischen Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan bereits in Greifnähe. Schon bald würde man, so hofften alle, die Schreckensherrschaft überwunden und durch eine freie gerechte Ordnung ersetzt haben, durch eine Ordnung, die alles nur nicht etwas sein durfte: rechts. Also musste sie, dachten viele, links sein. Doch eben davor warnte der Ökonom Hayek. Er wusste, welch totalitäres Potenzial in sozialistischen Kollektivierungs- und Umverteilungsprogrammen schlummert und wie leicht die Überwindung des rechten Staatsterrors zur blossen Mutation in einen linken Staatsterror verkommt. Wenn schon einen Staat, so Hayek, dann nur für wenige sogenannte Kernfunktionen, vor allem für Recht und Ordnung. Stalin gefiel das Buch überhaupt nicht. In der nach dem Krieg sowjetisch besetzten Zone Deutschlands war es zeitweilig verboten.

Sozialisten gab es aber auch im Westen bis hinein in bürgerliche Parteien, die von kollektiven Wohlstandsprogrammen schwärmten als Teil der schönen neuen Welt. Ihnen legte Hayek sein Buch speziell ans Herz. Er widmete es «to the socialists of all parties». – Allerdings ohne Erfolg. Denn sie alle, nicht zuletzt auch jene in den bürgerlichen Parteien, gingen nach dem Krieg an ihr verhängnisvolles Werk zur Schaffung einer angeblich gerechten Gesellschaft. Sie waren blind für die so offensichtliche Tatsache, dass das eindrückliche Nachkriegs-Wirtschaftswunder einzig deshalb eintrat, weil der regulierende Staat zerstört und noch nicht wieder stark geworden war. Und so begannen sie schon bald, den Staatsapparat wieder aufzubauen mit so zweifelhaften Dingen wie einem Rentensystem, das sich von einem Ponzi-System einzig dadurch unterscheidet, dass das Umlageverfahren nicht im Geheimen, sondern in aller Öffentlichkeit geschieht; mit einer zunächst massvollen «sozialen Marktwirtschaft», die sich inzwischen in eine weitgehend staatsgeleitete Arbeits-, Gesundheits-, Energie-, Umwelt-, etc. Wirtschaft entwickelt hat und weiter wuchert; von einem respektvollen Umgang mit dem Bürger als Steuerzahler zu einem kalten rücksichtslos invasiven Fiskal-Überwachungsstaat, vor dem der Bürger so nackt zu sein hat, wie Adam und Eva vor Gott. Das ist die Knechtschaft, in der wir mittlerweile angekommen sind.

Die neuste Pandemie-Totalität ist insofern gar nichts neues, sondern bloss so etwas wie ein Stresstest des Regimes, um auszuprobieren, wie weit es mit der Unterdrückung gehen kann, ohne dass sich relevante Widerstände bilden. Der Test verläuft bemerkenswert erfolgreich, die Knechtschaft scheint den Stresstest mit guten Noten zu bestehen. 

Und Hayek? Der dreht sich jetzt im Grab und ärgert sich am meisten über sich selbst. Oh, hätte er dem Staat doch keine minimalen Kernfunktionen zugebilligt! Wer den Bock zum Gärtner macht, darf sich nicht wundern, wenn der Garten zuschanden geht.


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