2048 Schlussbericht
David Dürr – eigentümlich frei / Januar/Februar 2025
In Deutschland ist es 2071 so weit.
Ich hatte kürzlich einen Traum: Im Jahr 2048, exakt 200 Jahre nach der Gründung von 1848 der Schweizerischen Eidgenossenschaft, wird in Bern der Schlussbericht über deren Abwicklung präsentiert; dies im gleichen Saal, in dem 200 Jahre früher der neue Bundesstaat gegründet wurde. Heute – in meinem Traum von 2048 – trauert dem niemand nach. Heute weiss man, die oft so hoch gelobte Gründung der freien und demokratischen Schweiz war ein völkerrechtswidriger Staatsstreich.
Denn vorausgegangen war, wie immer bei Staatsgründungen, Krieg. Weil in der Schweiz schon immer alles klein war, war es zwar nur ein kleiner Krieg, aber es war ein Krieg mit immerhin 100 Toten. Angezettelt wurde er von mehreren sogenannt liberalen Kantonen, denen das Regime einiger katholisch-konservativer Kantone missfiel, weshalb sie diese unverhohlen, teilweise gar militärisch bedrängten. Als sich die Katholiken hiergegen zu einem Verteidigungsbund zusammenschlossen, gab dies den Liberalen willkommenen Vorwand, diesen „Sonderbund“ erst recht militärisch anzugreifen und dank Übermacht zu besiegen. Und nicht nur das, nun zwangen sie mit ihrer liberalen Kantonsmehrheit der katholischen Kantonsminderheit auch gleich noch den neuen Bundesstaat auf. Völkerrechtlich hätte dies die Zustimmung eines jeden Kantons vorausgesetzt, darüber setzten sich die Siegerkantone hinweg.
Das konnte auf die Länge nicht gut gehen, vor allem weil die Liberalen dafür sorgten, dass die Katholiken im neuen Bundesstaat politisch nichts zu sagen hatten. Deshalb – so erzählte man in meinem Traum – schuf man im Jahr 1874 mit einer neuen Bundesverfassung so etwas wie ein grosses Staats-Theater, bei dem die Untertanen in der Rolle eines „Souveräns“ mitspielen durften, dies der Zweck des damals eingeführten Referendums. Von da an spielte man die Oper „Direkte Demokratie“ und dies so eindrücklich, dass die Leute mehr als ein Jahrhundert lang nicht merkten, dass es bloss ein inszeniertes Spiel war.
Das flog erst im Jahr 2020 auf, als der Staat mit seinem Corona-Kriegsrecht sein wahres Gesicht zeigte und sich plötzlich revolutionärem Widerstand ausgesetzt sah. Man zerrte ihn vor Gericht, bestritt sein Besteuerungsrecht, Ratingagenturen stuften ihn herab, es kam zum Konkurs, zur organisierten Abwicklung mit Liquidierung vieler unnützer und der Privatisierung einiger nützlicher Dinge, und dann eben 2048 war der 200-jährige Spuk vorbei. – Dieser Traum gefiel mir so gut, dass ich ihn gleich aufschreiben musste, mit diesem Buch hier „2048 Schlussbericht“.
Mein Traum geht natürlich weiter. Denn wenn 200 Jahre die Dauer ist, während der sich ein so gewaltsam erzwungenes und so fragil inszeniertes Gebilde wie ein Nationalstaat halten lässt, dann werden auch alle anderen im 19. Jahrhundert entstandenen Staaten absehbar an ihr Ende kommen. In Deutschland wird es 2071 so weit sein, 200 Jahre seit der Proklamation des neuen deutschen Bundesstaates 1871. Auch diesem war Krieg vorausgegangen, auch dieser wurde von den Siegern durchgesetzt, auch dieser hielt in der Folge seine Untertanen mit Staatstheater bei Laune und auch dieser verlor spätestens mit seinem Corona-Kriegsrecht noch die letzten Reste seiner Unschuld.
2048 Schlussbericht, ISBN 978-3-907424-22-3 www.2048-schlussbericht.ch
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