Prognosen versus Wirklichkeit

Falsch gelegen, trotzdem recht gehabt



David Dürr – eigentümlich frei / März 2024



„Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.“ Churchill soll das gesagt haben, vielleicht war es auch Gandhi (aber das heisst es ja meistens bei guten Sprüchen). 

Jedenfalls kommt mir dieser Spruch immer wieder in den Sinn, wenn ich von Klimaprognosen lese, die ja nicht nur grotesk präzis sind, sondern sich auf unwirklich ferne Zukunftszeiten beziehen. Das hindert diese Prognosen aber nicht daran, so zu tun, wie wenn bei ihnen der Spruch von Churchill oder Gandhi nicht gelte; wie wenn Klimaprognosen, im Gegensatz zu allen anderen Prognosen, absolut verlässlich wären. Also sei es auch legitim, ja sogar zwingend, gestützt auf Klimaprognosen harsche Klimamassnahmen durchzusetzen: CO2-Steuern, Verbot von Verbrennungsmotoren, Beschränkung des Energieverbrauchs, Verbot der Verbreitung „unwahrer“ Ansichten zum Klima und viele andere Repressionen mehr.

Doch jetzt der richtig grosse Schock! Die Klimaprognosen waren falsch! Was im Jahr 2023 klimatisch passiert ist, steht quer zu allem, was der Klima-Mainstream prognostiziert hat. Und besonders bemerkenswert: Es sind die Klima-Prognostiker höchstselbst, die von sich aus die Untauglichkeit ihrer Prognosen publik machen. Ein hochkarätiger Klima-Professor für Umweltphilosophie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) namens Knutti bringt den Bruch zwischen Prognose und Wirklichkeit schon fast in selbstironischer Widersprüchlichkeit auf den Punkt:

„Wir können heute gut voraussagen, wie stark sich die Erde durch die Emissionen der Treibhausgase erwärmt; ein solcher Sprung war in keiner Weise zu erwarten.“

Was Knutti nicht sagt: Der prognosewidrige „Sprung“ von 2023 erfolgte zwar noch oben, das heisst die Temperatur nahm mehr zu als prognostiziert, doch hätte der Sprung auch in die andere Richtung, nach unten, gehen können. Auch das wäre eine Abweichung von der Prognose gewesen; und dass sie die Prognostiker noch mehr überrascht hätte als der Sprung nach oben, hätte bloss bestätigt, dass der Spruch von Churchill oder Gandhi eben stimmt; sogar und erst recht bei einem so hochkomplexen Thema wie dem Klima. 

Die Erderwärmungs-Prognostiker sehen das natürlich anders: Schon gibt es jene wie den preisgekrönten amerikanischen Klima-Forscher Hansen, die behaupten, sie hätten genau diese Abweichung von der Prognose schon immer prognostiziert. Andere wie ein ehemaliger Co-Vorsitzender des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) namens Stocker anerkennen zwar die Fehleranfälligkeit ihrer Prognosen, um aber sogleich wieder neue, diesmal wirklich fehlerfreie Prognosen in Aussicht zu stellen. Wiederum andere sind der Meinung, die 2023 festgestellte Temperaturabweichung sei „ein zufälliger Ausreisser“, mit anderen Worten, da habe sich die Wirklichkeit völlig grundlos, sozusagen unerlaubt über die Prognose hinweggesetzt; falsch gewesen sei also nicht die Prognose, sondern die Wirklichkeit.

Und dann gibt es noch jene, die den Grund der Extremerwärmung 2023 in den neuen Emissionsvorschriften sehen, etwa beim Schiffsverkehr auf den Weltmeeren. Solche Klimavorschriften führen offenbar zu einer Verringerung von Schwefelmolekülen in der Atmosphäre, weshalb die Sonneneinstrahlung weniger gestreut werde, daher umso intensiver auf die Erde einwirke und folglich zu Erwärmung führe. Der Spruch von Churchill oder Gandhi gilt halt auch für die Erfolgsprognosen einer Strategie zur Rettung des Klimas.


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