Ich glaube an den einen Staat - Über Politik und Religion

David Dürr - eigentümlich frei 01.04.2018


Die Hingabe, mit der Etatisten ihren allein selig machenden Staat beschwören, erinnert nicht selten an religiöse Glaubensrituale. Wenn immer wieder beteuert wird, eine Welt ohne Staat sei schlicht nicht möglich, so tönt das schon fast wie das katholische Glaubensbekenntnis, wenn auch mit kleinen Nuancen gewahr: 

„Ich glaube an den einen Staat den Inhaber des Gewaltmonopols, Schöpfer der Gesetze über uns alle, und an seine Regierung hienieden, seine einzig legitime Vertretung, unsere Herrin …“

Die Strategie ist offensichtlich. Die Leute sollen bei Ihrem Urbedürfnis nach Einbindung in eine umfassende Zugehörigkeit abholt werden. Das ist ja das Wesen von Religion (re-ligio = Einbindung), wogegen ja nichts einzuwenden ist. Vor allem auch deshalb nicht, weil religiöse Einbindung nicht durch rechtlichen Zwang, sondern durch freien Glauben geschieht, zumindest idealerweise. Natürlich gab es schon immer Kirchen, Glaubensgemeinschaften oder Sekten mit totalitären Tendenzen. Doch sind und waren dies Auswüchse, die früher oder später wieder aufgegeben wurden.

So etwa die katholische Inquisition des späten Mittelalters, deren Ziel zunächst Förderung des Glaubens war, die sich dann aber in der Mittelwahl vergriff und mehr und mehr zur gewaltbereiten Gesinnungspolizei wurde. Ihr wirkungsvollstes Instrument bestand darin, sämtliche Schalthebel eines flächendeckenden Regulierungs-, Überwachungs-, Verfolgungs- und Justizsystems zentral in einer Hand zu halten und damit das Korrekturpotenzial einer gewaltenteiligen Gesellschaftsstruktur auszuschalten.

Dass dies letztendlich wenig zu einer lebendigen Glaubensgemeinschaft, dafür umso mehr zu einem totalitären Herrschaftssystem führen musste, merkte vor allem die Kirche selbst und zog die Konsequenzen. Glauben heisst Glauben und nicht Gehorchen. Glauben lässt sich nicht befehlen und schon gar nicht erzwingen. Also kam man von der Inquisition als Durchsetzungsinstrument wieder ab. Letzte Reste von ihr verstehen sich heute noch als Beratungsgremium im Bereich der Glaubensförderung. Und das schlimmste, was einem ungläubigen Kirchenmitglied heute noch passieren kann, ist die Exkommunikation, das heisst der Ausschluss aus der Mitgliedschaft der Gläubigen. 

Umso aggressiver der heutige Staat: Ihm genügt es nicht, dass viele Leute an ihn glauben und ständig das obige Glaubensbekenntnis sprechen. Auch begnügt er sich nicht damit, allenfalls noch weitere Gläubige mit überzeugender Werbung als neue Mitglieder zu gewinnen. Ja, im Grunde ist es ihm egal, ob jemand überhaupt an ihn glaubt. Was er letztlich will, ist nicht der Glaube seiner Mitglieder, sondern der Gehorsam Aller. Kein Wunder, greift nun er in die alte Mottenkiste der Inquisition und bedient sich jenes probaten Instruments der Vereinigung von Gesetzgebung, Überwachung, Strafuntersuchung, Anklage, Urteil und Urteilsvollzug bei ihm in einer Hand. Dass er diese Gewalten-Konzentration just Gewalten-„Teilung“ nennt, hat dann durchaus wieder mit Glauben zu tun – selig, die etwas sehen und das Gegenteil davon glauben.

Wie einfach doch die Lösung wäre: Exkommunikation aus der Mitgliedschaft der Staatsgläubigen! 

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