Staats-Oper Schweiz

David Dürr - Basler Zeitung 13.09.2013


Die Ähnlichkeit des Bundeshauses mit einem klassischen Opernhaus ist kein Zufall. Was dort aufgeführt wird, ist eine veritable Staats-Oper. Etwa der Langzeiterfolg „Demokratie“, der einer entzückt zuschauenden Landesbevölkerung die Illusion verschafft, als souveränes Staatsvolk bei all diesen Regierungsgeschäften selbst mitzuwirken (was natürlich nicht ansatzmässig der Fall ist). Etwas weniger erfolgreich ein anderes Inszenierungsthema, nämlich dass es sich bei diesen Regierungsgeschäften um solche der Schweiz handle. Da scheint es mit der Illusion nicht so recht zu klappen.

Das zeigen drei Inszenierungen der jüngeren Vergangenheit. Bei allen dreien geht es um Schweizerische Bundesbehörden, die so tun, als würden sie über Informationsanfragen der USA beraten, diskutieren und entscheiden. In Tat und Wahrheit fragen die USA gar nicht nach, sondern erteilen schlicht den Befehl, die gewünschten Informationen zu liefern. Und unsere Behörden üben schlicht Gehorsam. Das Beraten und eigene Entscheiden ist reines Schauspiel.

So stand im Sommer 2009 der „UBS-Deal“ auf dem Spielplan, bei dem es um Auskunftswünsche der USA über UBS-Kunden ging. Als Ouverture sah man den Bundesrat und die Finma mal kurz über Nacht einige Bankkundendaten nach den USA beamen. Dann das Bundesverwaltungsgericht, das dies hinterher als rechtswidrig bezeichnete. Im nächsten Akt der Auftritt des Parlaments mit packenden Diskussionen über Steuergerechtigkeit, Privatsphäre, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit etc. Grosse Spannung, als eine Partei das Geschäft dem Referendum unterstellen wollte, dann aber doch wieder davon abliess (weil die Oper sonst zu lange gedauert hätte für die schon ziemlich ungeduldigen USA). Schliesslich Verabschiedung der Auslieferungsvorlage unter dramatischen Klängen. Vorhang. – Und Auslieferung von 4‘450 bereits zum Versand verpackten Bankkunden an die USA.

Noch in frischer Erinnerung die Sommersaison 2013 mit dem Stück „Lex USA“. Die Inszenierung allerdings weniger geglückt. Der Anfang zwar noch spannend mit hektischen Szenen um den Untergang einer Privatbank. Doch dann bloss wieder bekannte Parlamentsdiskussionen, halt wieder zu Steuergerechtigkeit, Privatsphäre, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit etc. Ein dramatischer Höhepunkt wenigstens die Ablehnung des Vorlage durch das Parlament. Doch genau dies auch eine Schwäche. Denn als der Bundesrat die Auslieferung dann trotzdem vornahm, stand das Parlament etwas dumm da. Doch schliesslich ging auch hier der Vorgang runter und die Auslieferung konnte anlaufen.

Und ganz neu, in der jetzt gerade laufenden Saison, die Inszenierung „Fatca“. Sie zeigt nun doch schon starke Ermüdungserscheinungen. Einzelne Szenen verschleiern schon gar nicht mehr den dahinter stehenden Auskunftsbefehl der USA. In einer Arie der weibliche Hauptrolle ist explizit von der Übernahme amerikanischen Rechts die Rede. Und dies nicht als Argument gegen, sondern für die Auskunftserteilung. Entsprechend kurz dann auch der Schlussakt mit Zustimmung beider Opernkammern.

Nicht wenige Zuschauer sollen schon in der Pause nach Hause gegangen sein.

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